Tabu
Gemeinschaftliche Untersuchung zum Thema Tabu. U.a. von Sylvia Witt.
Es stand die Frage im Raum, ob es so etwas wie Tabus in unserer heutigen, aufgeklärten Gesellschaft überhaupt
noch gäbe.
Die kurze Antwort: Es gibt sie.
Die längere Antwort: Tabus befinden sich im Wandel der Zeit und der Gesellschaft, aber sie kommen offenbar nie
aus der Mode.
Diese Untersuchung entstand unter dem Dozenten Hendrik Teunissen van Manen in Zusammenarbeit mit Ruth Bäumer,
Silke Bartsch, Anke Dessin, Thekla Halbach, Anja Ridder, Thomas Hagenbucher und Sebastian Niederhagen.
Tabus und die daraus erwachsenen Vorurteile und Stereotypen hatten ihre Berechtigung, als die Welt noch
undurchschaubar war und es eher galt, Regeln als Erklärungen zu finden, um das Überleben zu sichern. Doch trotz
der Erklärungen, auf die wir heute zurückgreifen können, halten sich Instant-Beurteilungen, auf denen sich Tabus
begründen, nicht nur hartnäckig, sie steigen in den letzten Jahren exponentiell an.
Die psychologischen Mechanismen stecken tief in uns, wir können uns ihrer kaum bewusst erwehren und doch
befinden sie sich im ständigen Wandel. Was unbewusst modifizierbar ist, kann sich auch bewusst ändern. Im
Gegensatz zu dem Zeitraum, in dem die vorliegende Untersuchung stattfand, sind heute Menschen in den Medien und
im Marketing für die immer schnellere Änderung von Sagbarem und Unsagbarem verantwortlich. Begriffe, die vor
45 Jahren in die Schmuddelecke gehörten, waren vor 30 Jahren völlig akzeptiert und gelten heute sogar als altmodisch.
Was noch vor 15 Jahren linksradikal und vor 10 Jahren politische Mitte war, ist heute rechtspopulistisch. Was
vor drei Jahren undenkbar schien, ist heute azkeptierte Notwendigkeit. Doch nicht nur das, womit man ständig
beschallt wird, modifiziert die Sichtweise auf die Welt und damit auch Tabus, Vorurteile und Stereotype. Auch
die eigenen Gedanken, Empathie und imaginierter Rollentausch helfen dabei, die Welt in ihrer Komplexität zu
schätzen, sowie Tabus und ihre Ausläufer zu hinterfragen und zu überwinden. Wir dürfen selbst denken.
Diese Arbeit ist Teil der Anregung zu dem Fantasy-Roman Das Tabu (AT), den Zyklen Zweihundert heimliche Werke
und Bauarbeiter auf der BAB, sowie der Ausstellung Unter der Oberfläche.